Qualifikationstische wurden am Samstag und Sonntag ausgespielt. Finale war für Sonntag Abend angesetzt.
Mein erklärtes Ziel für dieses Event war es mit einem Stack von 4.000 ins Finale zu gehen. Das hieß also ich musste drei Qualitische gewinnen. Um ganz befreit und ohne Stress aufzuspielen begab ich mich am Samstag bereits recht früh in die White House Lounge im Bunker am Heiligengeistfeld. Die Location finde ich persönlich eher Medium, da man im Grunde komplett von der Außenwelt abgeschnitten ist und irgendwie das Gefühl hat in einem verlassenden Bunker weit weg von jeglicher Zivilisation zu sein. Kein Handyempfang – kein Fenster – Keine Ahnung ob es Tag oder Nacht ist. Letztendlich war es mir aber egal wo ich mein Ticket für die WSOP gewinne.
Der Andrang am Samstag hielt sich eher in Grenzen. Die üblichen Verdächtigen waren anwesend und die Spieler trudelten nur sehr langsam ein. Für Spieler ein gutes Zeichen, denn je weniger Teilnehmer im Finale desto größer die Wahrscheinlichkeit eines triuphalen Sieges im Finale. Das die Veranstalter das etwas anders sehen ist natürlich Verständlich und da ich die Macher inzwischen recht gut kenne, bangt man natürlich auch für die Jungs mit das sich für sie alles rechnet.
Zum Spielgeschehen am Samstag ist eigentlich relativ wenig zu sagen. Ich qualifiziere mich Zweimal und sichere mir also schon mal 3.000 Chips für Sonntag. Obwohl ich mir vorgenommen habe nur bis 18 Uhr zu bleiben um anschl. noch mal kurz über das Eppendorfer Landstrassenfest zu tingeln schaffe ich es erst gegen 22 Uhr aus dem Bunker. Einige wollen noch ins Fishhooks um am Wochenfinale teilzunehmen, ich habe aber keine Lust mehr zu pokern und gehe mit Klaus und Sandra noch einen Happen Essen. Wie immer gibt es auch beim Essen nur ein Thema: Poker.
Finaltag
Nach einem entspannten Sonntag begebe ich mich gegen 20 Uhr erneut in den Bunker. Es herrscht Hochbetrieb. Fast alle Tische laufen. Es sind gefühlt 380 Menschen anwesend. Die Luft kann man quasi zerschneiden. Die Stimmung ist sehr angespannt. Leute versuchen sich an den letzten Tischen noch schnell zu qualifizieren. Bereits qualifizierte versuchen ihren Stack zu erhöhen. Alle wollen ihr Ticket nach Vegas heute ergattern
Ich beginne meine Begrüßungsrunde und halte hier und da einen Schnack. Es fällt auf das sich die Fragerei ob man denn qualifiziert sei inzwischen umformuliert wurde in: Mit wie viel Chips gehst Du ins Finale. Sehr schön. Das ist doch mal eine gute Frage. Ich schaue mich um und prüfe ob denn auch Pokerprominenz anwesend ist und siehe da: zumindest ein bekanntes Gesicht kann ich entdecken: Frank "Don Koopeone" Koopman ist mit von der Partie. Frank hat in diesem Jahr bei der Pokerstars Sunday Million einmal kräftig abgesahnt und ist nach Augenzeugen-Berichten ein sehr guter, aggressiver Spieler mit sehr viel Erfahrung am Tisch.
Obacht denke ich. Den muß ich im Auge behalten.
Ich spiele meinen ersten Tisch und Don Koopeone ist ebenfalls an diesem Qualitisch platziert. In der dritten Hand halte ich K-9 suited und sitze am Button und nach einem seichten Raise von Koopeone sind glaube ich noch 3 Spieler inkl. meiner Person beteiligt. Der Flop bringt Q-J-10 und ich floppe die Straight. Koopman geht All-in. Call vor mir und Call auch von mir. Ich zeige meine Straight und Koppmann zeigt Q-J – Two Pair. Was der andere hatte weiß ich nicht mehr so genau. Auf jeden Fall sagt Koopmann dann sofort: Dann eben ein Full House und prompt kommt auf dem Turn noch ein J und ich bin Ratzifatzi vom Tisch. Hmmm.
Da das Finale erst gegen 22 Uhr starten soll spiele ich noch einen letzten Tisch den ich dann auch gewinne und hab die 4.000 Chips für das Finale sicher.
Souffleur
Inzwischen ist auch Klaus angekommen und sitzt am allerletzten Tisch. Klaus ist noch nicht qualifiziert und muß jetzt seine letzte Chance nutzen um noch im Finale dabei zu sein. Er ist im HeadsUp gegen einen mir unbekannten Spieler, zwecks Unterscheidung nenne ich ihn mal Mr. T Ich beobachte das Spielgeschehen und wundere mich das Mr. T sich die Hole Cards nicht auf dem Tisch anschaut, sondern die Karten immer in die Hand nimmt und mehr oder weniger halblinks neben sein Schulter hält. Eigentlich gilt ja die Regel Karten bleiben auf dem Tisch, aber zunächst wundere ich mich nicht, weil manche Spieler haben eben die Angewohnheit sich die Karten so anzuschauen. Ist ja auch nicht so dramatisch. Wir sind alle keine Profis. Das HeadsUp geht so vor sich hin - Vassily und ich schauen zu und quatschen über alles Mögliche. Immer wenn Mr. T an der Reihe ist seinen nächsten Move anzusagen hören wir aus der zweiten Reihe ganz leise Call, Raise, Fold etc. So eine Art Souffleur. Ich beobachte das noch zwei Runden und tatsächlich. Mr. T hält seine Karten hoch und sein Souffleur sagt ihm wie er spielen soll. Ich habe ein extremes Gerechtigkeitsempfinden und finde es unmöglich was da gerade passiert…. Ich ergreife das Wort und bitte MR. T und seinen Vorsager das zu unterlassen, ernte aber nur „Ey Digger, ist doch nix los hier“…. Die machen also immer weiter. Ich gehe zum Floorman schildere die Situation und nach ein paar Minuten kommt der Floorman und unterbindet jegliches weitere Vorsagen. In diesem Moment sitzt Mr. T im SB und füllt auf – Klaus geht Allin und Mr.T callt. Klaus dreht A-9 und Mr. T zeigt A-A – die wohl einzigen Karten die er ohne Vorsagen spielen konnte. Klaus ist extrem angepestet und beschwert sich beim Floorman . Nach einiger Diskussion bekommt Klaus eine Wildcard fürs Finale mit einem Shortstack von 1.000 Chips. Wie ich finde eine faire und gerechte Entscheidung.
FINALE!
Ca. 22:15 Uhr. Es geht los! 70 Finalteilnehmer wollen das Ticket nach Vegas. Blindlevel alle 15 Minuten. An meinem Tisch sind drei Spieler mit größeren Stacks, davon einer mit 5.000.
Ich starte gut durch und spiele die Blätter die ich spielen will aggressiv. Bin schnell auf 6.000. Unser Tisch soll erst als Vorletzter aufgelöst werden und Schmitty neben mir und ich entscheiden uns bis zum Ende nicht von diesem Tisch wegzubewegen.
In früher Phases des Turniers spiele ich eine interessante Hand. Ich sitze in EP und halte A-J suited. Blinds sind bei 50/100. Ich limpe in den Pot. In LP wird auf 400 geraist. Ich setze den Spieler auf AK und calle. Der Flop bringt nur niedrige Karten und ich spreche zuerst. Setze 175. Er callt. Turn wieder niedring. Ich setze 325 an. Er callt. River wieder niedrig und ich gehe sofort Allin. Der andere setzt mich auf ein kleines Paar und foldet seine Hand. Er zeigt sein A-K und ich zeige mein A-J. Er hätte den Pott gewonnen……. Gut für mich.
Es werde die ersten Leute umgesetzt. Zu uns an den Tisch kommt "Don Koopeone" . Also jetzt noch mehr aufpassen. Er ist ein netter Kerl und man sich gut mit ihm unterhalten. Koopmann verliert zweimal einen großen Pott an Manni Lerner.
Koopmann glaubt einen Tell auf mich zu haben. Ich sei ein kleiner Schauspieler sagt er und in zwei Fällen wo ich wirklich große Pötte kassiere glaubt Koopmann ich würde Monsterhände halten. Tatsächlich hatte ich in beiden Fällen gar nichts getroffen und nur die Pötte durch Bluffs kassiert. Koopmann war in beiden Fällen nicht am Spiel beteiligt – ich hätte ihm gern auch ein paar Chips abgenommen……
Koopmann geht irgendwann Allin und verliert und ist ab sofort nicht mehr im Turnier.
Inzwischen habe ich etwa ca. 13.000 Chips und die Blindlevel sind bei 400/800. Dann passiert folgendes. Ich halte A-9 suited in MP und raise auf 3.000. Eigentlich will ich nur die Blinds klauen. Nach mir geht ein Spieler mit 9.075 Chips Allin. Jetzt muß ich lange überlegen und zähle meine Chips. Ich bin komplett konzentriert und sage kein Wort. Ich greife nach hinten zu meinen Zigaretten und will meine Gedanken mit etwas Nikotin beschleunigen. Während ich mich umdrehe um mich wieder meinen Chips zu widmen, dreht mein Gegenspieler seine Karten um. Ich sehe J-9. Eigentlich ist seine Hand jetzt tot, aber ich hab keine Lust auf Diskussionen mit seinem Fanclub und calle sofort ohne zu zögern. Mein A hält und ich gewinne den Pott. Ich sende zwei meiner Spione los um den Chipcount der anderen zu ermitteln und bekomme schnell die Nachricht: Du bist Chipleader!
Perfekt. Es sind noch etwa über 20 Leute im Turnier und ich werde nur noch Topblätter bis zum FT spielen. Ein Beispiel: Ich schmeisse Q-J UTG weg und höre wie hinter mir gesagt wird. Das kann er doch nicht machen - aber ganz ehrlich: Ich bin UTG, will kein Risiko eingehen. Noch 6 Leute hinter mir können Aktion am Tisch machen. Ich bin nicht bereit mit Q-J gegen ein Allin zu gehen. Nicht in dieser Phase des Turniers. (Auf dem Board werden übrigens noch zwei Qs gedreht und ich hätte den Pott gewonnen, aber ich würde diese Entscheidung in der Phase immer wieder so treffen)
Inzwischen kommen immer mehr Leute zu mir - geben mir Zuspruch und drücken mir die Daumen. Ich realisiere das alles mehr oder weniger nebenbei. Ich bin immer noch hochkonzentriert und will den Sieg nach Hause bringen. Ich bekomme alle paar Minuten die Meldung wer wie viele Chips hat. Ich höre das Bachmann noch im Rennen ist und 2ter in Sachen Chips ist, bereite mich also schon mal mental auf das Spiel am FT vor. Noch zwei Tische und 10 Spieler – der letzte Mann fällt und es bildet sich der Final Table.
Final Table
In der Pause vor dem FT kommen viele Leute zu mir und wünschen mir Glück, spenden Lob für das gute Spiel bislang und geben noch den einen oder anderen Ratschlag. Ich bin echt gerührt von soviel Zuspruch befinde mich aber noch in der vollen Konzentrationsphase. Ich komme mit 39.400 Chips an den FT.
Ich bekommen Platz 8 zugelost. Blinds sind bei 2000/4000. Ich bitte Fred darum die Musik auszuschalten. Es sind relativ viele Zuschauer anwesend. Nach Rücksprache mit den Spielern bittet Fred die Zuschauer einen Meter Platz zu den Spielern zu halten und ruhig zu sein. In diesem Moment ist es wirklich so still in der White House Lounge wie ich es noch nicht erlebt habe. Totale Ruhe. Schon fast unheimlich. Höchste Konzentration bei allen Spielern.
Ich weiß es nicht mehr so genau, aber in einem der ersten Spiele am FT bekommen ich A-Q suited in Kreuz und raise UTG auf 16.000. Mein Nebenmann überlegt eine Weile und geht Allin. Alle danach folden. Ich muß noch etwa 7.000 nachlegen und mein Nebenmann zeigt 8-8. Ich an seiner Stelle hätte zwar nicht gecallt, aber ich muß mich mit der Situation abfinden das ich jetzt gegen eine fertige Hand kämpfe. Weder Flop, Turn noch River bringen mir ein A oder Q und ich verliere in dieser Hand mehr als die Hälfte meiner Chips.
A-Q vs. 8-8
Ich halte mich zwar noch auf einem vernünftigem Level und es lichten sich die Plätze am FT. Als Vierter verlässt Alexander Bachmann den Tisch und da waren es nur noch drei. Holger, Jockey und ich, wobei ich der Shortstack bin. Wir tauschen ein paar mal die Blinds untereinander aus und dann mache ich einen großen Fehler. Die Blinds sind bei 6000/12000. Ich sitze im SB und habe insgesamt 25.000 Chips. Ich bekomme 10-4 offsuit. Holger geht raus und was mache ich? Ich folde. Das war wieder so ein Moment wo ich eine Sekunde nicht nachgedacht habe. In diesem Moment hätte ich den Rest meiner Chips reinpushen müssen – egal was ich auf der Hand halte. Jockey zeigt mir noch seine beiden Karten 8-6 und jetzt weiß ich das ich das Turnier definitiv nicht mehr gewinnen kann.
Holger am FT
So ist es dann auch – ich verlasse das Turnier als Dritter. Mache noch Shakehands mit den beiden anderen und verschwinde erstmal an die Bar. Weit weg vom FT. Ich bin raus. Hab verloren. Nix Vegas. Ich bin total enttäuscht und möchte am liebsten in diesem Moment ganz woanders sein. Einige der Zuschauer kommen zu mir – umarmen mich. Spenden mir Trost. Versuchen mich aufzubauen.
Poker ist grausam. Es zählt nur der Sieg. Alles andere ist Nebensache.
Der nächste Morgen war eigentlich viel Schlimmer, weil erst da wurde mir eigentlich so richtig klar wie nah ich dran war an dem Main Event der WSOP teilzunehmen.
An dieser Stelle auch ein Trost an Holger der im HeadsUp gegen Jockey verloren hat. Holger – Dir muß es ja eigentlich noch schlimmer gehen als mir – Du warst noch einen Schritt näher dran als ich. Kopf hoch – Unsere Zeit kommt noch.
Glückwunsch an Jockey der mit seinem starken Spiel und mutigen Entscheidungen das Turnier gewonnen hat.
Bedanken möchte ich mich bei allen die mir bis zum Ende die Daumen gedrückt haben und mich unterstützt haben. Ich bekomme noch eine Gänsehaut, wenn ich an den Applaus und an den Zuspruch denke. Euch allen vielen Dank.
Hier noch der Bericht bei Pokerroom
2 Kommentare:
Ümmahin näherst Du Dich den ersten Plätzen. Wann war es schon mal Platz drei ?!? Und nach Calpe "darfst" (musst) Du auch.
:-) LG A.
"Anonym hat gesagt...david ist ein wirklich netter und symphatischer typ. ich stimme dir aber nicht zu, dass david zu den besten spielern gehört. er schreibt einen super blog, spielt aber nur mittelprächtig poker. LG, Daniel 30. Mai 2007 11:55"
Daniel, noch irgendwelche Fragen? Super gemacht, David! Hut ab!!!
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